Die Säure

Vor allem in war­men Wein­an­bau­ge­bie­ten wird Säure zuneh­mend als wert­vol­ler, wich­ti­ger Bestand­teil des Weins ange­se­hen – beson­ders des Weiß­weins. In die­sen Gebie­ten rich­tet sich der Lese­zeit­punkt weni­ger nach dem Most­ge­wicht als nach den Säurewerten.
In der Rei­fe­phase pro­du­ziert die Rebe nicht nur Zucker. Sie baut auch Säure ab. Täte sie es nicht, wären alle Weine unge­nieß­bar. Der Säu­re­ab­bau darf aller­dings nicht zu groß sein. Denn Säure ist ein not­wen­di­ger Bestand­teil des Weins. Sie gibt ihm Fri­sche und Ele­ganz. Das gilt vor allem für Weiß­weine. In den medi­ter­ra­nen und ver­gleich­bar war­men, über­see­ischen Anbau­ge­bie­ten wird dar­auf geach­tet, dass die Gesamtsäure nicht zu tief absinkt. Sie sollte zum Lese­zeit­punkt zwi­schen sie­ben und neun Gramm pro Liter lie­gen (um nach der Gärung zwi­schen fünf und sie­ben Gramm zu lie­gen). In den über­see­ischen Gebie­ten darf der Wein künst­lich gesäu­ert wer­den – eine Pra­xis, die in Europa ver­bo­ten ist.
Erhaltung der Säure
Die Zucker­pro­duk­tion und der Säu­re­ab­bau erfol­gen in der Rei­fe­phase par­al­lel zuein­an­der. Je wär­mer es ist, desto höher stei­gen die Zucker­werte, desto mehr Säure wird aber auch ver­at­met. Die Säure nimmt aber nicht unbe­dingt im glei­chen Ver­hält­nis ab, wie die Zucker­kon­zen­tra­tion steigt. Kühle Nächte ver­zö­gern den Säu­re­rück­gang – eine Ver­zö­ge­rung, die beson­ders in Anbau­ge­bie­ten mit war­mem Klima höchst erwünscht ist: Süd­ti­rol, Fri­aul, Maconnais, Pene­dès. In Kali­for­nien wird immer weni­ger Weiß­wein im war­men Napa Val­ley, son­dern in Car­ne­ros, Rus­sian River und Alex­an­der Val­ley ange­baut, die im Ein­fluß­be­reich küh­len pazi­fi­schen Kli­mas liegen.
Weinsäure und Apfelsäure
Im Wein sind vor allem zwei Säu­ren anzu­tref­fen: die Wein­säure und die Apfel­säure. Beide zusam­men machen rund 90 Pro­zent der Gesamtsäure aus. Die Wein­säure ist eine wei­che, ange­nehm schme­ckende und des­halb hoch­will­kom­mene Säure (Wein­trau­ben sind übri­gens die ein­zi­gen Früchte, in denen diese Säure vor­kommt). Die Apfel­säure ist dage­gen eine aggres­sive Säure. Sie macht den Wein kan­tig und hart, wenn sie im Über­maß vor­han­den ist. Weiß­wein­win­zer dul­den sie nur in begrenz­ter Menge, weil sie jun­gen, fruch­ti­gen Wei­nen Fri­sche und Biss geben kann. Ries­ling, Grü­ner Velt­li­ner, San­cerre oder die nord­ita­lie­ni­schen Weiß­weine haben immer einen mehr oder min­der gro­ßen Anteil an Apfel­säure. In Rot­wei­nen hat Apfel­säure dage­gen nichts zu suchen. Sie muss ent­fernt, genauer: in die wei­che Milch­säure umge­wan­delt wer­den. Rot­weine machen des­halb nach der alko­ho­li­schen Gärung grund­sätz­lich eine malolak­ti­sche Gärung durch. Die Menge der Apfel­säure hängt von meh­re­ren Fak­to­ren ab. Zunächst gibt es Reb­sor­ten mit gene­rell hohem Apfelsäure-Anteil wie Pinot Noir und Mal­bec. Dann hängt die Apfel­säure aber auch vom Wit­te­rungs­ver­lauf ab. In küh­len Jah­ren ist der Apfelsäure-Anteil hoch, in son­nen­rei­chen Jah­ren gering. Der Grund: Apfel­säure wird bei Wärme stär­ker ver­at­met als Wein­säure. Die Güte eines Jahr­gangs läßt sich daher leicht an der Höhe der Apfel­säure bestimmen.
Gesamtsäure versus pH-Wert
Der pH-Wert gibt die Kon­zen­tra­tion der im Saft akti­ven Säure an. Sie wird im Labor anhand der freien Was­ser­stof­fio­nen gemes­sen. Ein hoher pH-Wert zeigt eine nied­rige, ein nied­ri­ger pH-Wert eine hohe Säure an. Den­noch sagen Gesamtsäu­re­wert und pH-Wert nicht das­selbe aus. Der pH-Wert ist, genau betrach­tet, aus­sa­ge­kräf­ti­ger. Er gibt näm­lich nur die schmeck­ba­ren, nicht-flüchtigen Säu­ren an, wäh­rend der Gesamtsäu­re­ge­halt die gesamte titrier­bare Säure mißt. Das heißt: die maß­ana­ly­tisch fest­stell­bare Säure ein­schließ­lich der flüch­ti­gen Säuren.
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