Stahl, Holz, Chips

Holzfässer im Wandel der Zeit
Holzfässer werden seit etwa zweitausend Jahren in der Weinbereitung verwendet. Sie lösten einst die Amphoren ab, die relativ schwer und sehr zerbrechlich waren. Die Zeit der Amphoren war schlicht und einfach zu Ende gegangen, weil eine bessere technische Lösung Vorteile zu bieten hatte (ROBINSON J, 1999). Im Lauf der Jahrhunderte wurde zunehmend Eiche das Baumaterial schlechthin für Lagerfässer. Sehr viele unserer heutigen Weinstile sind durch massiven Einsatz von neuen Holzfässern – vor allem Barriques – stark geprägt. Hochwertige Weiß- und vor allem Rotweine wären ohne den Barrique-Ausbau weit weniger attraktiv.
Auch in Deutschland wurden bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts die Mehrheit aller Weine in Holzfässern ausgebaut. Hierbei wurden allerdings alle Holzfässer gründlich von jeglichem Holzgeschmack durch Süßbrühen und entsprechende Vorbehandlung “weingrün” gemacht. Gleichermaßen wurde auch die Empfehlung ausgesprochen, dass man in neuen Fässern zunächst einen geringwertigen Wein ausbauen sollte, bis das Fass ausgelaugt ist. Es wurde weitgehend ein Neutralausbau vorgenommen, der möglichst keine vordringliche Holzaromen aufwies.
Im Sinne dieser Philosophie ist es sehr logisch, dass in Deutschland der Anteil der Lagerkapazität mit Holzfässern seit Mitte des letzten Jahrhunderts permanent abgenommen hat. In manchen Weingütern und Kellereien sucht man heute vergebens nach Holzfässern, obwohl seit einigen Jahren, nicht zuletzt durch den Rotweinboom ausgelöst, Holzfässer wieder in Mode kommen.
Technische Vorteile von Tanks sind mannigfaltig

Der Ersatz der Holzfässer durch moderne Tanks aus zum Beispiel Edelstahl erfolgte vor allem aus arbeitswirtschaftlichen Gründen. Im Unterschied zum Holzfass haben Tanks folgende Vorteile:

  • Behältergröße und Form extrem variabel
  • Inertes Material (reaktionsneutral)
  • Kaum Verschleiß und Abnutzung
  • Keine aufwendige Konservierung notwendig
  • Reinigung und Weinsteinentfernung problemlos
  • Größere Hygiene (Sterilisation einfach und sicher)
  • Kein Schwund und ständiges Beifüllen
  • Kühlbar

Die Liste ist sicherlich unvollständig, macht aber deutlich, dass der Weinausbau im Holzfass eine ganze Reihe von Arbeitsschritten mit sich bringt, die beim Tankausbau wegfallen.

Wie viel Holz möchte der Konsument?
Als vor circa 25 Jahren die ersten Erzeuger in Deutschland den Barrique-Ausbau nach internationalem Muster in Deutschland einführten, gab es nicht wenige Kritiker. Es wurde vom Eichenlohe-Geschmack und von Holzweinen gesprochen. Diese Kritik kam und kommt mehrheitlich aus eigenen Kreisen. Viele Kellermeister konnten sich lange nicht vorstellen, Holzgeschmack und Wein zu vermählen. Stellvertretend soll hierzu ein Zitat von Gerhard Troost aufgeführt werden. Er hatte 1987 in Geisenheim für die Studenten einen umfassenden Vortrag über seine Erfahrungen in 50 Jahren Kellerwirtschaft gehalten. Nach seiner Meinung zum Thema Barrique befragt, antwortete er, dass er 50 Jahre seines Leben darum gekämpft habe, endlich den Fassgeschmack aus dem Wein zu bekommen, und jetzt kommen die Leute daher und machen ihre Fässer nicht mehr “weingrün”. Seit dieser Zeit hat sich viel verändert. Barrique-Weine haben sich mittlerweile in Deutschland fest etabliert.
Barrique-Weine sind Flaggschiffe
Betrachtet man heute die Sortimente von Weingütern, findet man Barrique-Weine in der Regel als die Spitzenprodukte neben Eisweinen, Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen. Sie verkörpern eine ganz besondere Qualitätsphilosophie, die im Weinbau mit moderatem Anschnitt, aufwendiger Laubarbeit, geringen Erträgen und zum Teil gestaffelter Lese begonnen wird. Entsprechend hoher Aufwand wird in der Kellerwirtschaft mit dem kosten- und arbeitsintensiven Ausbau im kleinen Eichenholzfass getrieben. Diese Spitzenweine werden mit hochwertiger Ausstattung wie Sonderetiketten und Spezialflaschen zu interessanten Preisen vermarktet.
In Zukunft Barrique-Weine nur noch mit Chips?
Seit einiger Zeit sind oak-chips (englisch = Eichenholzspäne) in der Weinbereitung im Gebrauch. Außer in der europäischen Gemeinschaft werden in den meisten Weinbaunationen diese oak-chips sehr intensiv eingesetzt. Viele Hersteller von traditionell hergestellten Barrique-Weinen fürchten, dass in Zukunft das Image dieser hochwertigen Produkte kaputt gemacht wird. Aus der Sicht des Autors ist dies jedoch nicht zu befürchten. Wie oben aufgezeigt, unterscheidet sich ein Spitzenwein von einfacheren Weinen nicht nur durch die Verwendung von simplen Eichenholzspänen. Nur durch weinbauliche und kellerwirtschaftliche Anstrengungen können große Weine entstehen. Es ist unrealistisch, dass in Zukunft große Weine ausschließlich durch die Verwendung von oak-chips hergestellt werden könnten.
Chips & Co sind weltweit im Einsatz

Es gibt jedoch eine Reihe von Weinen im mittleren Qualitätssegment, für die Barriques aus Kostengründen nicht in Frage kommen. Diese Weine profitieren weltweit durch die Verwendung vom Kontakt mit Eichenholz – wenn auch nicht in Form von Fässern. Durch den Einsatz von Eichenholz kann im mittleren Preissegment einem Wein deutlich mehr Fülle und Vollmundigkeit verliehen werden, ohne übermäßig deutlichen Holzgeruch und -geschmack. Um zu den begehrten Holzaromen zu gelangen, kommt eine ganze Reihe von Möglichkeiten in Betracht. Neben den oak-chips (Eichenholzspäne) werden vor allem sogenannte inner staves (= innen liegende Dauben) verwendet.

Oak-chips und auch inner staves sind nach europäischem Recht in der Weinbereitung derzeit nicht zulässig.

Bei den oak-chips unterscheidet man in

  • der Körnung (grob, mittel, fein bis hin zu Sägemehl)
  • dem Toast- bzw. Röstgrad (stark, mittel, schwach und seltener ohne)
  • der geographischen Herkunft (französisch, amerikanisch)

Ausschlaggebend für den Effekt ist aber vor allem die Aufwandmenge pro Liter. Je nach Wein werden oak-chips zwischen 0,5 – 6 g/l, aber auch bis zu 10 g/l verwendet. Oak-chips können in die Maische, in den Most oder auch zum Wein vor oder nach dem biologischen Säureabbau zugegeben werden. Dies ist ein wesentlicher Vorteil der oak-chips im Vergleich zu Fässern. Es ist möglich, die Menge Eichenholz an den Wein anzupassen und den beabsichtigten Stil herauszuarbeiten. Die Dosage kann auf den jeweiligen Jahrgang oder die Rebsorte abgestimmt werden.

Inner staves , dünne Eichenholzlatten, die in unterschiedlichen Toastgraden erhältlich sind, werden im Inneren von Weintanks vor der Befüllung mit Most oder Wein fest montiert, so dass diese nicht aufschwimmen. Die Industrie bietet dafür Lösungen (Abbildung 1). Zum Teil werden ganze Pakete mit dünnen getoasteten Holzlatten im Tank montiert und nach Gebrauch wieder erneuert.

Eine weitere Möglichkeit des Holzkontaktes mit Wein wird mit australischen Spezialtanks angeboten. Diese sogenannten Stakvats (= Stapeltank) verfügen über einen kubischen Edelstahlkörper mit Seitenwänden aus Eichendauben (Abbildung 2). Stakvats können bis zu fünf Einheiten hoch gestapelt werden, sind konisch an der Kopf- und Bodenseite, so dass diese leer laufen können und ohne Luftblase voll werden. Die Seitenwände aus Eichenholz sind getoastet und können je nach Bedarf erneuert werden (Abbildung 3). Durch die Seitenwände gelangt permanent Sauerstoff in den Wein, vergleichbar mit Holzfässern. Zusätzlich lassen sich in die Stakvats inner staves einbauen (Abbildung 4). Je nach Anzahl der inner staves kann ein Wein mehr oder weniger stark mit Holzaromen ausgestattet werden. Dennoch ist der Holzeinfluss auch bei einem mit inner staves vollgepacktem Stakvat geringer als bei einem neuen Barrique. Dies ergibt sich aufgrund des Volumen von rund 900 Liter und der maximalen Holzoberfläche im Stakvat (siehe Tabelle 1).

Wie viel Eichenholz braucht man?

Auf diese Frage kann man keine verbindliche Antwort geben. Je mehr Eichenholzeinfluss gewünscht wird, desto kleiner muss bei Fässern das Gebinde sein. Dies ergibt sich aus der Relation von Volumen zu Kontaktoberfläche (Tabelle 1). Sehr deutlich ist die Verringerung der Kontaktfläche in cm² pro Liter mit steigendem Behältervolumen zu erkennen.

 InhaltHolzoberflächeKontakt
Barrique225 l2,8 m2124 cm2 / l
Stückfass1.200 l8,5 m271 cm2 / l
Stakvat mit
inner staves
880 l6,4 m272 cm2 / l
Eichenfass5.000 l20 m240 cm2 / l
Stakvat ohne
inner staves
900 l1,8 m220 cm2 / l

Oak-chips und inner staves können diese Relationen wieder verändern. Je nach Spangröße bei den oak-chips beziehungsweise je nach Form der inner staves besitzen diese eine sehr große Oberfläche, die in Fässer oder Tanks eingebracht werden kann. Die Werte der Oberfläche der Stakvats wurden nach den Angaben der Firma Ausvat PTY, Perth Australien, berechnet. Es wird deutlich, dass die inner staves in den Stakvats die Kontaktfläche des Weines um Faktor 3,6 erhöhen.

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