Vergärung im Holzfass

Der Sie­ges­zug der fruchtig-frischen Weiß­weine, die Mode der Kalt­ver­gä­rung, das unauf­halt­same Vor­drin­gen der Rein­zucht­he­fen – all das hat man­che Win­zer nach­denk­lich gemacht. Sie suchen nach Wegen, um andere Weine zu bekom­men. Dabei haben sie das Holz­fass wiederentdeckt.
Bevor es Edel­stahl­tanks gab, wur­den alle Weine im Holz­fass ver­go­ren. Eine Inno­va­tion ist es also nicht, wenn viele Win­zer heute ihre Weine wie­der dem Holz­fass anver­trauen. Neu ist an die­ser Ent­wick­lung ledig­lich, dass es sich bei den Holz­fäs­sern größ­ten­teils um Bar­ri­ques han­delt: kleine Fäs­ser aus neuer Eiche, die nicht ein­fach nur Gär­be­häl­ter sind, son­dern die Ent­wick­lung des Weins ent­schei­dend beeinflussen.
Vergärung in Barriques
Ledig­lich im Bur­gund und in Bor­deaux wur­den die Weiß­weine schon immer in klei­nen Eichen­holz­fäs­sern ver­go­ren (frü­her auch in der Cham­pa­gne). Wenn jetzt viele qua­li­täts­ori­en­tierte Win­zer ande­rer Wein­bau­na­tio­nen die­sen Brauch über­neh­men, so des­halb, weil sie von der Indi­vi­dua­li­tät die­ser fran­zö­si­schen Weine beein­druckt sind. Ins­be­son­dere Char­don­nay wird häu­fig, fast regel­mä­ßig in Bar­ri­ques ver­go­ren. Die Ver­gä­rung im Holz­fass unter­schei­det sich von der Ver­gä­rung im Stahl­tank vor allem dadurch, daß die Gär­tem­pe­ra­tur nicht kon­trol­liert wer­den kann. Sie steigt auf 23° C bis 25° C an. Dadurch nimmt die Gärung einen ande­ren Ver­lauf. Es ent­ste­hen neue Ester­kom­plexe, die den Wein geschmack­lich ganz anders prä­gen als bei einer Kalt­ver­gä­rung: Er ver­liert an Frucht und ent­wi­ckelt spe­zi­elle Gär­aro­men. Dazu gehö­ren zum Bei­spiel lak­ti­sche Aro­men (wie Käse), Tee- und Tabaka­ro­men, vege­ta­bile Aro­men (wie Heu und Paprika), Kara­melaro­men (But­ter und But­ters­cotch). Sie geben dem Wein ein kom­ple­xes Geschmacks­bild. Noch höher darf die Gär­tem­pe­ra­tur aller­dings nicht stei­gen, wenn nicht schäd­li­che Bak­te­rien akti­viert wer­den sol­len. Diese Gefahr ist aller­dings gering. Denn die Holzober­flä­che, die die küh­len Kel­ler­tem­pe­ra­tu­ren an den gären­den Wein wei­ter­lei­tet, ist rela­tiv groß im Ver­hält­nis zur gerin­gen Flüssigkeitsmenge.
Malolaktische Gärung
Weine, die im klei­nen Eichen­fass ver­go­ren wer­den, machen größ­ten­teils eine malolak­ti­sche Gärung durch. Sie fin­det gleich im Anschluss an die alko­ho­li­sche, manch­mal schon wäh­rend der alko­ho­li­schen Gärung statt. Dabei wird die im Wein ent­hal­tene Apfel­säure abge­baut. Durch die­sen bio­lo­gi­schen Säu­re­ab­bau wir­ken sie vol­ler und kör­per­rei­cher. Wegen der grö­ße­ren Tem­pe­ra­tur­sen­si­bi­li­tät läßt sich die malolak­ti­sche Gärung im klei­nen Holz­fass leich­ter durch­füh­ren als in Stahl­tanks. Der Kel­ler­meis­ter braucht den Gär­kel­ler nur zu erwärmen.
Ausbau in Barriques
Nach der Gärung wer­den Weine gerne im klei­nen Eichen­fass aus­ge­baut. Holz ist näm­lich porös. Es fin­det also ein gerin­ger, aber ste­ti­ger Sau­er­stoff­aus­tausch statt. Dadurch wird die Fein­oxy­da­tion des Weins geför­dert: Er reift schnel­ler als im sau­er­stoff­ar­men Milieu und ent­wi­ckelt eine grö­ßere Aro­men­fülle. Das gilt beson­ders, wenn er einige Monate lang auf der Hefe liegt. Durch die Hefe­satz­la­ge­rung erhält er zusätz­li­che Geschmacks­nu­an­cen. Sie kön­nen noch gestei­gert wer­den, indem die Hefe regel­mä­ßig auf­ge­rührt wird. Bâton­nage lau­tet der fran­zö­si­sche Fach­aus­druck dafür.
Missbrauch des Holtfasses
Aller­dings eig­net sich nicht jeder Weiß­wein zur Ver­gä­rung und zum Aus­bau in klei­nen Eichen­fäs­sern. Diese Behand­lung ist nur für schwere, sub­stanz­rei­che Weiß­weine erdacht wor­den. Ein Le Mon­tra­chet, ein Haut Brion Blanc oder ein gro­ßer Pouilly Fumé errei­chen durch sie eine kom­ple­xere Reife, das Eichen­holz ver­leiht ihnen einen zar­ten Vanille­ton, die Hefe­satz­la­ge­rung mehr Fri­sche. Mit­tel­ge­wich­tige, gar leichte Weine wer­den durch die Fein­oxy­da­tion eher gezehrt und vom Holz­ge­schmack regel­recht mas­kiert. Lei­der hat das viele Win­zer nicht abge­schreckt, ihren Wein ins Holz­fass zu geben. Der Wunsch, einen Weiß­wein inter­na­tio­na­ler Klasse zu pro­du­zie­ren, ist häu­fig grö­ßer als die Ein­sicht, daß es ihnen an geeig­ne­ten Reben, am rich­ti­gen Stand­ort und an der not­wen­di­gen Ein­stel­lung fehlt.
Traditionelle Fässer
Tra­di­tio­nelle Holz­fäs­ser, die 10, 20 oder mehr Jahre zäh­len, sind aus den Kel­lern fast völ­lig ver­schwun­den. Nur in Deutsch­land, Öster­reich und im Elsaß sind sie teil­weise noch anzu­tref­fen. Der Wert sol­cher Fäs­ser, die kei­nen Geschmack mehr an den Wein abge­ben, ist umstrit­ten. Wenn sie regel­mä­ßig von innen gesäu­bert wer­den, kön­nen sie dem Wein zusätz­li­che Nuan­cen geben. Wenn eine fin­ger­di­cke Schicht Wein­stein an den Innen­wän­den sitzt, haben sie dage­gen die Funk­tion eines Stahl­tanks. Oft die­nen sie mit ihren Schnit­ze­reien nur zur Zierde des Kellers.
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